Was wäre ein Reiseblog ohne persönliche Eindrücke? Wohlwissend, dass sie nicht allgemeingültig sind und die Gefahr bergen ins Klischeehafte abzudriften. Kann man überhaupt nach noch nicht mal zwei Wochen behaupten, Slowenien sei ein tolles Land? Ja, kann man, wenn man in dieser Zeit durchweg auf sympathische, bescheidene, weltoffene, respektvolle, korrekte, gelassene, reflektierte Menschen gestoßen ist. Sei es der Taxifahrer, die Bedienung im Restaurant, der Verkäufer im Geschäft, die Mitfeiernden in der Bar oder der Vermieter eines Apartments. Sicher, fast alle Begegnungen fanden in einem touristischen Umfeld statt, meist stand man sich als Kunde, Gast oder Besucher gegenüber. Aber überall schien das nicht im Vordergrund zu stehen. Immerhin. Fast immer hat sich ein nettes Gespräch entwickelt, das über eine geschäftliche Beziehung hinausging. Ein Gespräch das von Interesse, Neugier und Aufmerksamkeit geprägt war.
Zum Beispiel in der Touristenstadt Bled. Der Bleder See ist ein Muss für jeden Slowenien-Reisenden. Wenn es hier regnet, dann richtig. Die Wolken scheinen an dem traumhaft schönen Bergpanorama festzuhängen. Wer im Auto nächtigt, der hat es schwer, die Regenzeit rumzukriegen und vor allem: Seine Kleidung wieder trocken zu bekommen. Gut, dass es Cafés gibt, wo man sich wieder aufwärmen, seine Sachen über die Heizung hängen kann (allen möglicherweise irritierenden Gerüchen zum Trotz), kostenlos das Internet nutzen und sein Handy wieder aufladen kann. Das alles bei nur einer Tasse Kaffee innerhalb mehrerer Stunden. Ohne auch nur einmal von der Servicekraft schief angeguckt zu werden. Im Gegenteil. Sie bringt sogar noch eine riesige Rolle Küchenpapier, womit die triefenden Schuhe auszustopfen sind. Zum Zeitvertreib, trotz zig anderer Gäste, gibt es auch noch zahlreiche Reisetipps für die kommende Route.
Sympathisch auch die Einfahrt in die Hauptstadt Ljubljana. Freitag später Nachmittag. Zirka 300.000 Menschen leben hier. Auf der zentralen Hauptstraße sieht man aber kaum jemanden von ihnen. Nur vereinzelt fahren Autos auf dieser mehrspurigen Straße. Alle sehr gemächlich. Man sieht wenige bis gar keine protzigen Autos. (Auch an den darauffolgenden Tagen nicht.) Vor der (wie sich später herausstellt) wunderschönen Innenstadt ist dann Endstation. Man muss das Auto parken. Das Zentrum ist nahezu tabu für Autos. Gleiches gilt in anderen Städten wie Bled oder Piran. Das Auto scheint hier angenehmerweise nicht im Zentrum der Stadtplanung zu stehen.
Später ein Spaziergang in die Innenstadt. Auch hier wieder leere Straßen. Kaum Autos, kaum Fußgänger. Wo sind alle bloß? Ungewohnte Stille. Keine gröhlenden Jugendlichen, kein machohaftes Motorengeheul, keine laute Musik aus Handyautsprechern. Keine zwilichtigen Gestalten einer Großstadt. Dann die Innenstadt. Dort sitzt man in einer der Kneipen am Fluss Ljubljanica oder flaniert oder sitzt einfach nur für sich am Ufer und schweigt.
Samstagfrüh, der Morgen dämmert. Der Taxifahrer beginnt motiviert ein Gespräch über sein Land. Nachdem er erfahren hat, dass seine morgendlichen Kunden aus Deutschland sind und gerade das Nachtleben seiner Stadt erkundet haben. Deutschland, so sagt er, sei immer noch großes Vorbild für Slowenien. Viel arbeiten, gut leben. Auf die Frage, was er denn an seinem Land schätze, antwortet er in bestem Englisch: Zuallererst die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Er habe den Eindruck, dass in Slowenien sehr darauf geachtet wird, dass beide Geschlechter gleichbezahlt werden. Und außerdem begrüße er sehr, dass die wunderschöne Natur in seinem Land nicht zugebaut wurde, sodass jeder Zugang zu den schönen Seen habe und nicht nur eine reiche Elite, die sich die Ufergrundstücke geangelt haben.
An auffällig vielen Gebäuden weht eine slowenische Flagge. Nicht nur an den Ämtern und Behörden in Ljubljanas Innenstadt, sondern auch an Hotels, Wohnhäusern, Schulen, öffentlichen Plätzen etc. Und direkt daneben hängt fast ausnahmslos auch immer eine europäische Flagge.
Piran. Süße Küstenstadt an der Adria. Ein Gespräch mit Verkäufer Marko in seinem Schreibwarenladen in der autofreien Innenstadt. In Kroatien geboren. Seine Mutter war Montenegrinerin. Seit 25 Jahren lebt er in Slowenien. Er wurde sehr herzlich aufgenommen in der neuen Gesellschaft, sagt er. Wie er seine neue Heimat beschreiben würde? Sauber und fleißig.
Das ganze Gespräch gibt es zum Nachhören im Podcast