Na, dann sollen sie halt gehen die Engländer. Sorry, ich meine natürlich: die Briten. Dann sollen sie halt die EU verlassen. Na und? Wird sich schon Ersatz finden für Bohnen zum Frühstück, schwarzen Humor und rote Doppelstock-Busse.
Mein Vorschlag für den Ersatzkandidaten: Mazedonien. Die Beitrittserklärung zur EU ist schon längst abgegeben. Die Verhandlungen stocken aber wegen dem Namensstreit mit den Griechen. Aber ansonsten bringt es alles mit: Weiße Bohnen gibt es hier fast überall, Humor haben sie auch die Mazedonier und rote Doppelstock-Busse fahren in der Hauptstadt Skopje schon lange.
Zunächst hat man wirklich die alten ausrangierten Busse aus London hier eingesetzt. Das war Anfang der 60er Jahre. Mit dem großen Erdbeben 1963 sind dann aber auch die roten Doppeldecker aus Skopje verschwunden. Jetzt gibt es sie aber wieder. Heute tragen sie den schönen Namen „City-Master“ und kommen aus China.
City-Master. Der Name passt. Stadt-Meister. Ja, das klingt. Sie gleiten ja auch so erhaben durch die Straßen. Schneller als Schritttempo fährt der Busfahrer eigentlich nie. Gut, er muss ja auch die ganze Zeit mit dem Handy telefonieren. Da ist Schritttempo vielleicht auch besser. Und noch dazu läuft diese ohrenbetäubend laute Balkan-Musik im Bus. Da kann man sich als Busfahrer wohl ohnehin kaum konzentrieren.
Und weil diese Busse was ganz Besonderes sind, ist es auch nicht so einfach an Tickets zu kommen. Die sind natürlich heiß begehrt und deswegen hat man den Erwerb der Fahrscheine erschwert. Wahrscheinlich extra kompliziert gemacht: Denn erst mal ist es ein gut gehütetes Geheimnis, wo man die Eintrittskarten kaufen kann. Von ominösen grünen Hütten ist da die Rede. Oder nein, eigentlich ist immer nur von einer grünen Hütte die Rede. Und die soll sich am „Green Market“, also am grünen Markt befinden. Wie passend: grüne Hütte am grünen Markt für einen roten Bus.
Der grüne Markt ist natürlich ein Codewort denkt man sich irgendwann, denn leider kennt den in Skopje so gut wie keiner. Man muss schon lange suchen, bis man einen Informanten gefunden hat, der einem weiterhelfen kann. Am ominösen Markt angekommen, fügt sich dann eine winzige Blechhütte im Tarngrün so gut in die restliche unwirtliche Umgebung, dass sie selbst beim Davorstehen nicht als Ticketbude auffällt.
Die nächste geschickt gesetzte Hürde für die Fahrt mit dem City-Master ist dann der Herr der Tickets in der Bude selbst. In perfektem mazedonisch erklärt er einem das Fahrschein-System, wonach man erst eine Plastikkarte kaufen muss, auf die dann eine bestimmte Anzahl an Fahrten hinzugebucht wird. Auf mazedonisch heißt das dann: Äh, nicht so wichtig.
Irgendwann hat man dann aber die Eintrittskarte ins rote Abenteuer. Man hofft, dass darauf dann auch genügend Fahrten gebucht worden sind vom Ticket-Master. Man steht vor dem roten Bus, vor der Fahrt ins Glück, doch welche Linie soll man nehmen? Die Anzeigetafeln leuchten alle nur auf kyrillisch. Diese Teufelskerle, denkt man beeindruckt, die haben wirklich an alles gedacht.
Die Fahrtroute ist nun auch egal. Es soll ja ohnehin nur eine kleine Stadtrundfahrt im coolen Doppeldecker sein. Ganz vorne natürlich im 1. Stock. Beim Einsteigen will man dem Fahrzeuglenker stolz seine Mitfahrberechtigung im Plastikkarten-Format präsentieren, doch ausgerechnet dann hat der Busfahrer das rote Gefährt verlassen und raucht.
Nach seiner Rückkehr geht es endlich los. Ein sanftes Dahinschaukeln durch diese Metropole am Matka-Fluss, die schon Mutter Teresa ihre Geburtsstadt nennen durfte. Es geht vorbei an prunkvollen Denkmälern und Palästen, an Riesenkreuzen im Baukranstil, vorbei an Storchennestern und Autofriedhöfen. Stromkabel donnern an das Dach des roten Straßenkreuzers. Das hätte man in London nicht erlebt.